Dr. Steffen Greiner
Chusquea echaratensis
Eine neue Bambusart aus dem Südosten Perus
Weltweit ist eine riesige Zahl an Bambusarten (über 1400 Arten aus 116 verschiedenen Gattungen) bekannt. Auch wenn oft der Eindruck entsteht, man kenne schon alles, so werden immer noch neue Bambusarten gefunden und taxonomisch beschrieben. Das Zentrum der Artenvielfalt bei Bambus ist unbestritten Süd-Ost Asien. Allerdings werden neue Arten in jüngerer Zeit häufig aus Südamerika beschrieben, was sicher mit der Zunahme an wissenschaftlicher Feldarbeit aber auch mit der unglaublichen geografischen Vielfalt Südamerikas zu tun hat.
Biodiversität von Bambus in Peru
Die unterschiedlichen Bambusarten sind in Peru hauptsächlich in feuchten und immergrünen tropischen Tieflandwäldern zu finden. Einige Arten sind eher niedrig und zählen zur Unterholz-Vegetation, andere wachsen eher baumartig häufig entlang von Fluss- und Bachufern. Man findet Bambusse aber sogar in den hochgelegenen Graslandschaften, die als „Páramos“[1] bekannt sind. Im Grunde also kommen Bambusse in Peru von Meereshöhe bis etwa 4500 m Höhe vor, klimatisch vom tropischen Regenwald bis zu alpinen Hochlandsteppen.
Für Peru sind 62 Bambusarten aus 6 Gattungen beschrieben. Die meisten Arten davon, nämlich 36, sind aus der Gattung Chusquea, von denen 18 als endemisch – im Sinne von natürlicherweise in diesem Gebiet vorkommend – gelten. Nicht verwunderlich, da das Verbreitungsgebiet von Arten der Gattung Chusquea riesig ist. Es reicht von Mexico (24°N) bis in den Süden von Argentinien und Chile (47°S) – eine Entfernung von über 8000 km. Somit sind verschiedene Arten dieser Gattung an tropische, subtropische, aber auch an gemäßigte trockenere sowie feuchte Klimate angepasst. Chusquea hat sich daher auch zur facettenreichsten Bambusgattung überhaupt entwickelt. Aufgrund der extrem unterschiedlichen Habitate finden sich sehr diverse Phänotypen: So reichen die maximalen Höhen von 1 bis 18 m und die Halme von 0,2 bis 6 cm im Durchmesser. Die meisten Arten sind von der Rhizomstruktur her pachymorph, manche aber auch amphimorph oder gar leptomorph, es gibt also neben den horstig wachsenden Arten auch ausläufertreibende Arten und Zwischenformen in der Gattung. Ebenso gibt es aufrechte, aber sogar häufiger hängende oder kletternde Arten. Von den etwa 200 Arten der Gattung kommen wie oben ausgeführt 36 auch oder ausschließlich in Peru vor.
Neu entdeckte Art Chusquea echaratensis:
Die neu entdeckte Art, Chusquea echaratensis kommt in den Yunga-Wäldern der Anden[2] im Südosten Perus vor. Die genauen Koordinaten des Fundortes sind 12° 32’53.6202“S 72° 58’24.8641“W. Wer die Koordinaten bei Google Maps eingibt wird sehen, dass die bergige Gegend sehr dünn besiedelt ist und „Echarate District“ genannt wird. Damit erklärt sich auch der Artname: Diese Art ist nach ihrem Fundort benannt und ist eine endemische Art, die nur in einer Population im Bezirk Echarate, Provinz La Convención, Cusco, auf 1809m vorkommt. Nach der Ökologischen Karte von Peru entsprechen die geographischen Koordinaten des Fundortes einem Gebiet von Yunga-Montanwäldern. Diese Ökosysteme befinden sich in einer Höhenlage zwischen 600 und 2500 m mit sehr steilen Hängen und einer sehr hohen Biodiversität. Die Wälder haben ein geschlossenes Kronendach mit drei unterscheidbaren Schichten. Die Bäume dort können 25-30 m hoch werden. In diesen Vorgebirgswäldern kommen Arten sowohl aus dem Amazonas-Tiefland als auch der „Yungas“ selbst vor, da es sich um ein Übergangsgebiet zwischen verschiedenen Vegetationstypen handelt. Außerdem sind die montanen Yunga-Wälder reich an Epiphyten, Flechten, Bromeliaceae und Orchidaceae. Die Art wurde im September 2020 am Fundort blühend gefunden. Das Klima dort ist feucht-heiß und immer frostfrei, weshalb die Art vermutlich aufgrund dieser Herkunft kaum Winterhärte besitzen dürfte. Es handelt sich um einen eher kleinen Bambus, die Halme werden 1,5-2 m hoch, an der Basis aufrecht mit gebogener/überhängender Spitze. Die Halme sind mit etwa 3,5 mm Durchmesser relativ dünn und die Blätter für Chusquea mit etwa 20 cm Länge ziemlich groß, Details können der Originalbeschreibung (Reátegui & Alegría Olivera, 2022) und der Abbildung entnommen werden.
Literatur
- Reátegui & J. Alegría Olivera (2022) A new species of Chusquea (Poaceae: Bambusoideae: Bambuseae) from Southeastern Peru J. Amer. Bamboo Soc. 32: 1‒ 6
Fußnoten
[1] Der Páramo (altspanisch: „schlechtes, baumfreies Land“) ist eine Vegetationsform der baumlosen, alpinen Hochlandsteppen feuchttropisch-äquatorialer Gebirge. Die Bezeichnung stammt aus den Anden Südamerikas, wird jedoch heute auch für die gleichartige Vegetation anderer tropischer Gebiete verwendet. Die größten Páramo-Gebiete reichen von Kolumbien über Ecuador bis in den Norden Perus, wo sie oberhalb der Waldgrenze (Nebelwald) zwischen ca. 3500 und 4500 m Höhe in feuchtem Klima vorkommen.
[2] Der Yunga (aus Quechua Yunka, „Gebiet mit ungesundem, heiß-feuchtem Klima“; auch Yunca) ist eine Höhenstufe beiderseits der tropischen Anden in Höhenlagen von 500 bis 2300 Metern und entspricht damit der montanen Bergwaldstufe.
Dieser Artikel aus dem Bambus-Journal 3 2023 steht hier zum download bereit: Download