Phyllostachys vivax ‘Huangwenzhu inversa’, Bambus des Jahres 2016

Dr. Steffen Greiner

Mit Phyllostachys vivax ‘Huangwenzhu inversa’ wurde zum 2. Mal – 2004 war Phyllostachys vivax ‘Aureocaulis‘ Bambus des Jahres – ein Vertreter der Vivax-Gruppe zum Bambus des Jahres gewählt. Tatsächlich ist dieser Bambus sogar um das Jahr 2000 herum in den Niederlanden und in Deutschland mehrfach unabhängig als stabile Mutation aus ‘Aureocaulis‘ hervorgegangen. Obwohl aus Phyllostachys vivax ‘Aureocaulis‘ hervorgegangen wurde die Form als die inverse (umgekehrte) Form von Phyllostachys vivax ‘Huangwenzhu‘ benannt. Huangwenzhu bedeutet dabei umgangssprachlich in China (Henan) „Bambus mit gelber Rille“ [1]. Huangwenzhu inversa hat nun – wie der Name schon impliziert – die umgekehrte Halmfärbung, nämlich gelber Halm mit grünem Sulcus [1]. Zusätzlich treten zufällig verteilt einzelne, grüne Streifen auch außerhalb des Sulcus auf.

Abbildung 1: Neutriebe von Phyllostachys vivax ’Huangwenzhu inversa’ verlieren gerade die typisch dunkel gefleckten Halmscheiden. Foto Jens Schütte

Die Stammform Phyllostachys vivax [2] kommt aus China und ist in vielen Gegenden (Fujian, Henan, Jiangsu, Shandong, Yunnan, Zhejiang) in Kultur, daher ist der genaue Ursprung nicht zu bestimmen.

In China wird diese Art zur Produktion von Bambussprossen, aber oft auch einfach, wegen der schönen und eleganten Halme der verschiedenen Formen, als Zierpflanze angebaut. Die Halme eignen sich zur Herstellung von Webartikeln und als Stiel landwirtschaftlicher Werkzeuge [3].

Phyllostachys vivax ’Huangwenzhu inversa’ treibt normalerweise erst im späten Frühjahr neue Halme, wodurch das witterungsbedingte Risiko für die neuen Sprossen gering ist.

Abbildung 2: Ohne Eingrenzung breitet sich Phyllostachys vivax ’Huangwenzhu inversa’ hainartig aus. Foto Ute Aussem

Die Art ist sehr wüchsig, worauf auch der Artname anspielt (vivax lat. = langlebig, dauerhaft, kräftig) und kann gut etabliert und bei ausreichender Fläche über 10 m Höhe erreichen. Damit zählt dieser Bambus zu den größten Phyllostachys für die Kultur in Mitteleuropa und kann aufgrund des Ausbreitungsdrangs auch ansehnliche Haine bilden. Die Winterhärte ist gut, wenn auch andere Phyllostachys deutlich tiefere Temperaturen tolerieren. Die Minimaltemperatur dürfte bei -18°C bis -20°C liegen. Bei noch tieferen Temperaturen kommt es zu Halmschäden oder Halmverlust, was sich erst in den Folgejahren durch Neuhalme langsam wieder auswächst.

Die hohen Halme führen in Kombination mit den relativ dünnen Halmwänden (etwa 5 mm) zu einer gewissen Anfälligkeit für Schneebruch und Wind, auch können junge Halme noch vor dem Beblättern bei starkem Wind relativ leicht abbrechen. Bei etablierten Pflanzen kommen die Halme gerade aus dem Boden und stehen straff aufrecht mit etwas nickender Spitze.

Die Halme sind gelb mit grünem Sulcus und einzelnen meist dünnen, grünen Streifen. Diese bemerkenswerte Färbung der Halme gibt es auch bei anderen Phyllostachys-Arten (P. edulis ‘Bicolor‘, P. bambusoides ‘Castilonii‘, P. praecox ‘Viridisulcata‘ und bei P. aureosulcata ‘Spectabilis‘), allerdings haben diese Arten eine geringere Winterhärte oder, im Fall der Art aureosulcata, deutlich dünnere Halme.

Die Halme können in Mitteleuropa bis über 10 m hoch werden und bis zu 8 cm im Durchmesser erreichen, die Internodien sind dabei 25 – 35 cm lang. Die Halme sind nur anfangs wenig bemehlt und die Knoten oft asymmetrisch, was dazu führt, dass diese auf einer Seite prominenter als die Narbe der Halmscheide sind. Die Halmscheiden sind gelb-grün gefärbt mir violetten und braunen Anteilen und besonders zur Mitte hin dicht dunkelbraun gefleckt. Die Art besitzt keine Öhrchen und Wimpern an den Halmscheiden. Die Spreite der Halmscheiden ist stark zerknittert und braun-lila gefärbt, an den Rändern deutlich heller, gelegentlich schwach orange.

Die normalen Laubblätter sind mit bis zu 2 cm Breite und 18 cm Länge meist recht groß, können aber sehr variabel ausfallen.

Mit Phyllostachys vivax ’Huangwenzhu inversa’ wurde eine verhältnismäßig junge Form von Phyllostachys vivax zum Bambus des Jahres gewählt. Die Form vereinigt die Vorteile der Art mit einer der schönsten Halmfärbungen bei Bambus. Unter guten Bedingungen und mit ausreichend Platz entwickelt sich die Pflanze schnell zu einem sehr attraktiven „Riesenbambus“.

Literatur

  1. Ohrnberger, D. (1998). „The Bamboos of the World.“ Elsevier.
  2. McClure (1945) Phyllostachys vivax, J. Wash. Acad. Sci. 35: 292.
  3. Zhengyi, W., P.H. Raven, and H. Deyuan (editors), Flora of China. (2006). 22, Poaceae.
Abbildung 3: An jungen Halmen kontrastiert der grüne Sulcus besonders gut zu den sonst gelben Halmen. Foto Kalle Rieck
Abbildung 4: Die zusätzlichen, meist dünnen, grünen Streifen außerhalb des Sulcus kommen von der Form ‘Aureocaulis‘ aus der die Mutation Phyllostachys vivax ’Huangwenzhu inversa’ hervorgegangen ist. Foto Jens Schütte

 

[1] Rille am Halm aller Phyllostachys

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