Jean Houzeau de Lehaie: Pionier der Einführung des Bambus in Europa

Autor: Jacques Chaplain ⋅ Teil 1

„Alles ist seltsam und interessant bei den Bambussen“ Jean H. de L.

Jeder Bambusfreund kennt den Phyllostachys viridis ‘Houzeau’, diesen Riesen, der 17 m Höhe erreichen kann und der sich durch seine gelbe Internodienrinne von den anderen unterscheidet. Diese Bezeichnung des Kultivars ist ohne Zweifel eine Anerkennung für alle Arbeiten des belgischen Naturforschers Jean Houzeau de Lehaie, die dem Studium und der Akklimatisierung der Bambusse in seinem Park „L‘Ermitage“ gewidmet sind. Er ist auch bekannt durch seinen Beitrag zur Verbreitung der wissenschaftlichen und Gartenbaukenntnisse über die Bambusse unter den Amateuren in den ersten Jahrzehnten des XX. Jahrhunderts. Er hat auch die Verbreitung der Bambusse in den Gärten Europas gefördert. Aber wer ist denn dieser Bambusfanatiker? Wie ist er zu diesem Interesse am Bambusstudium gekommen, zum Interesse für die neue Spezies, für ihre Akklimatisierung, zuerst in Belgien im Landgut „L‘Ermitage“ und dann in ganz Europa bis hin zu den extremen Klimazonen Norwegens? Was sind seine Hauptarbeiten, seine Informationsquellen, seine wichtigsten wissenschaftlichen Korrespondenten oder aufgeklärten Amateure? Wie ist er dazu gekommen ein Austauschnetz der Kenntnisse und der Gartenerfahrungen zu knüpfen? Wo sind die Grenzen seiner mutigen Taten im Dienst unserer Lieblingspflanze? Wir werden versuchen, diese vielen Fragen zu beantworten dank der Artikel, die Jean Houzeau de Lehaie in Fachzeitschriften geschrieben hat. Die Studie seiner Bibliographie ist uns auch sehr nützlich. 1

Diese Forschungsarbeit ist ein bescheidenes Lob an einen dieser bewundernswerten Menschen des XIX. und XX. Jahrhunderts, die dazu beigetragen haben, die Bambusse in Europa nach 800.000 Jahren Abwesenheit wieder einzuführen und eine immer größere Zahl von Gartenamateuren mit einer Pflanze vertraut zu machen, die bis dahin nur einigen Pionieren im Jahrhundert der Dampfschifffahrt bekannt war.

Ehemalige „Ermitage“ von St.­ Barthélemy in Mons
Kulturelle- und Familienwurzeln
Jean Auguste Hyppolite wurde 1867 in einer alten Patrizierfamilie von Hainaut geboren. Um sein Werk gut zu verstehen, ist es nützlich, die verschiedenen Familienmitglieder zu erwähnen, die ihn beeinflussten, so wie das Familienmilieu, in dem er groß geworden ist. Sein Großvater väterlicherseits, Charles, mit 6 Jahren elternlos geworden, wird von einem Ahnen erzogen, der ihn nach Paris schickt, damit er in Louis­le­Grand und in der Sorbonne studiert (Doktorarbeit in Jura). Von seinem Vormund bekommt er als Erbe ein Landgut in der Nähe von Mons. Es handelt sich um „L’Ermitage“ von St. ­Barthélemy, „die malerische Residenz an den Hängen des Mont Panisel“. Das ganze Landgut ist ungefähr 30 Hektar groß. 2 Charles ist ein sehr aufgeklärter Mann, er interessiert sich für die Ideen der „Encyclopédistes“, für die französische „Révolution“, für Laizismus (so wie man ihn sich damals vorstellen konnte). Er ist den neuen Ideen sehr zugänglich, er hat die Bibliothek in „L’Ermitage“ bedeutend um seltene und kostbare Bücher über Geschichte, Literatur und Wissenschaft erweitert. Jeans Großvater heiratet 1819 Albertine Pradier „eine sehr feine und künstlerische Natur, mit einem gebildeten Geist begabt, an der Belletristrik interessiert und sehr geschickt im Stiftporträt“. 4 Charles und Albertine werden die Eltern von zwei Jungen: der eine war Jean ­Charles und der andere Charles­ Auguste, der Vater von Jean Houzeau de Lehaie.
Jean­ Charles Houzeau de Lehaie (1822 bis 1888)

Der Onkel, Jean­ Charles 5 ist eine außergewöhnliche Person. Er ist ein Autodidakt und hat einen wissenschaftlichen Geist, der von den republikanischen Ideen seines Vaters beeinflusst ist. Er ist als Astronomieexperte bekannt. Seine politischen Stellungsnahmen werden ihn seine Stelle als Astronomiehilfe im „Observatoire Royal de Bruxelles“ kosten. Sein tapferer und abenteuerlicher Geist wird ihn dazu führen, sich jenseits des Atlantiks niederzulassen. 1857 legt er mit einem kleinen Segelboot an den Küsten New­ Orleans an. Er wird Feldmesser und dann „frontierman“ im Westen von Texas; dann kommt er am Anfang des Sezessionskriegs nach San­Antonio zurück. Er will weder von den texanischen Pflanzern getötet werden, noch in der Südstaatenarmee Soldat werden und flüchtet sich nach Mexiko. Dann kommt er wieder nach New­ Orleans zurück, um unter Lebensgefahr für die Sache der Schwarzen und für die Abschaffung der Sklaverei Stellung zu nehmen. Er arbeitet in der Zeitung der Schwarzen „Unions“ mit und wird Direktor der „Tribune“ werden. Das Lokalblatt ist eine Nationaltageszeitung geworden, die in den USA Aufsehen erregt. 6 Nach dem Krieg lässt sich Charles in Jamaica nieder. Er verbringt dort die schönste Zeit seines Lebens: als kleiner Kaffeepflanzer, als Lehrer wird er sich der Astronomie und der Literatur widmen. Nach 19 Jahren freiwilliger Auswanderung kommt er wieder nach Belgien zurück, und zu seinem größten Erstaunen wird er von König Léopold II zum Direktor des „Observatoire“ benannt. Auguste, Jeans Vater ist von seinem jüngeren und abenteuerlustigen Bruder sehr beeinflusst. Durch Fouriers Ideen gebildet, macht er Karriere im Dienst des Staates (Bürgermeister , Parlamentsmitglied) und als Wirtschaftspolitiklehrer in „Ecole des Mines“ von Mons. Er ist auch ein sehr tüchtiger Arbeiter, ein Vortragender, dessen Kultur universal ist. Er ist „Grand Maître du Grand Orient de Belgique“ und Bücherfreund. Er interessiert sich für Botanik, für die vorgeschichtliche Anthropologie, für die hysische Geographie und für die Physik des Globus.

Jean Houzeau de Lehaie (1867 bis 1959)
Jean Houzeau de Lehaie: Ein durch L‘Ermitage geprägter Naturwissenschaftler
Jean, 1867 geboren, tut es seinem Onkel gleich, indem er sich nach dem Gymnasiumsabschluss im Selbststudium weiterbildet und mit besonders großem Interesse Botanik, Geographie und Prähistorie studiert. Die umfangreiche Bibliothek seiner Vorfahren und die elterliche Erziehung bilden seinen wissenschaftlichen Geist aus. Der Park der Ermitage, auf einer Geländefalte des Monser Waldes gelegen, ist mit seinen jahrhundertealten Bäumen, seinen Gewächshäusern und seinen Teichen der rechte Platz für Jean. Hier kann er seine aus zahlreichen Lektüren neu erworbenen Kenntnisse praktisch anwenden, so wie Jean­ Charles, der sich ein kleines Privatobservatorium eingerichtet hatte. Jean ist aber kein Sterngucker, sondern ein Beobachter der Welt der Insekten, der Vögel und der Pflanzen. Tatsächlich bietet ihm der Park der Ermitage ausgewähltes Material für seine Forschungen an, die er bei Tagesanbruch beginnt, sie tagsüber fortführt und erst spät in der Nacht beendet. 7 1883 hat Jean Houzeau de Lehaie mit dem Bambusanbau angefangen. Im Sommer 1922 organisiert er eine prall gefüllte Tagesveranstaltung (dem Besuch der Ermitage gingen die Besichtigung des geologischen Gebietes von Helin, der prähistorischen Höhlengänge von Spiennes und eines Geländes zur Beobachtung der Tiere, der Blumen und des Bodens voraus). Er erklärt den Ausflüglern: „Die Sammlung wurde 1898 aus Hyon auf das Ermitage­ Landgut gebracht. Diese Pflanzen sind zum größten Teil schwer anbaufähig. Erst nach vielen Versuchen ist es uns gelungen herauszufinden, was sie zum Aufwachsen brauchen und wie sie angebaut werden sollen“ 8 Wie lässt sich aber erklären, dass er Geschmack an der Botanik fand und sich früh für Bambus interessierte? Sicher trägt seine Mutter dazu bei, indem sie dem jungen Jean „wunderbare Geschichten“ erzählt, die zu Reisen ans Ende der Welt einladen (oder zu Traumreisen ins eigene Innere); sie hat nicht den Reiz der exotischen Pflanzen vergessen, Erinnerungen an einen Aufenthalt in den Tropen: „Für denjenigen, der nicht in den Tropen gelebt hat, ist es schwer sich die majestätischen Bambuswälder vorzustellen“, schreibt er 1906. August, der Vater, hat sich immer für Botanik interessiert. Er ist ein erfahrener Gärtner. 9 Als Jean auf dem Landgut bei Hyon zum ersten mal versucht Bambusse anzupflanzen, ist er erst 16 Jahre alt. Sicher war der Vater damit einverstanden, hat ihn dazu ermutigt und womöglich mitgearbeitet. Im Übrigen ist nicht ausgeschlossen, dass gerade Charles, der Erbe des Landgutes und großer Liebhaber von wertvollen Büchern, die reich illustrierten Monographien über die asiatische Flora erworben hatte. Jean beruft sich zum Beispiel in seinen Bibliographien über Bambusse auf Philipp Franz Siebolds Werk. Er weiß schon, dass dieser deutsche Botaniker 1850 dazu beigetragen hat, unter anderem den Pseudosasa japonica einzuführen. Wer wäre nicht neugierig geworden beim Lesen der dreißig Bände, die der deutsche Botaniker zwischen 1825 und 1870 zusammen mit J.G. Zuccarini über sein Verzeichnis der ‚Flora japonica’ veröffentlicht hat? Wer würde keine Lust verspüren, Pflanzen zu sammeln, die so präzise (auf Latein und dann auf Französisch) beschrieben und der botanischen Terminologie gemäß benannt worden sind? Ohne Zweifel wächst in Jean die Lust am Zeichnen, als seine Aufmerksamkeit auf die hunderte von farbigen Abbildungen in jedem Band der ‚Flora japonica’ gelenkt wird. 10
Titelblatt „Flora Japonica“ 16
Außerdem sind August und sein Sohn Jean, beide fleißige Besucher botanischer Gärten und privater Gärten gischen Gärtnern verkehrt. Unter diesen tritt Louis Van Houtte hervor. Dieser begeisterte Botaniker und Pflanzenentdecker gründet die Monatszeitschrift „L’horticulture belge“ (1836), wird zum Vorsitzenden des belgischen königlichen Gartenkunstvereins (1837) und veröffentlicht ein Jahrbuch „Flore des serres et des jardins d’Europe“ 11, ein Luxusverzeichnis, gedacht für Gartenamateure, die sich für neue Pflanzen interessieren. Er gründet in Gand eine Baumschule, die zu dieser Zeit ohnegleichen ist. 12 Offenbar bilden die Bambusse unter den tausenden von Pflanzen, die er in seiner Baumschule vorrätig hält, eine verschwindende Minderheit, aber immerhin verkauft Louis Van Houtte seit 1848 schon Arundinaria Falconei 13 und das 1863 aus Japan geschickte Arundinaria fortunei. 14 Beide Pflanzen erscheinen in Jeans Sammlung. Jean weiß Bescheid über die aktuellen Forschungsergebnisse was Bambus und dessen Anbau betrifft und befasst sich in den 1870er und 1880er Jahren mit den Arbeiten „Les Bambous“ von August und Charles Rivière (1879) und den Arbeiten von William Munro (1886) „Monograph of Bambusaceae“. Zu erwähnen ist auch die Arbeit des schweizerischen Völkerkundlers und Geographen Prof. Carl Schröter. 15
Postkarte der „L‘Ermitage“ im Jahre 1904; die ersten Bambusse werden weit weg vom Haus gepflanzt.
Die Bambussammlung in „L’Ermitage“
Das Landgut L’Ermitage liegt bei 3 Grad 57’ östlicher Länge und bei 50 Grad 27’ nördlicher Breite. Diese Breite entspricht einem Ort, der etwas nördlich von Winnipeg in Kanada gelegen wäre. Am Anfang der 1900er Jahre beträgt die jährliche Durchschnittstemperatur in Wallonien ungefähr 10 Grad Celsius, die absolute Mindesttemperatur beträgt minus 20 Grad Celsius und die absolute Höchsttemperatur 35 Grad Celsius. Die jährliche Niederschlagshöhe beträgt ungefähr 700 mm. Aus diesem Grund sagt Jean Houzeau de Lehaie, dass die Gegend, in der er wohnt, unter dem Einfluss des Seeklimas von Westeuropa liegt, obwohl die sibirischen Kälteeinbrüche den Einfluss des Golfstroms oft wirkungslos machen können, so dass es in jedem Monat des Jahres Frost geben kann. 1907 zum Beispiel hat es außer im August in jedem Monat gefroren, was für die Verholzung der jungen Bambushalme sehr nachteilig war. 17 Die ersten Pflanzversuche im Freien sind bescheiden. Er fängt mit einem kleinen Ballen von Arundinaria japonica an. 1885 anlässlich einer Reise der Familie nach Blois an der Loire (Frankreich), kaufen die Houzeaus mehrere Phyllostachys nigra und aurea. Im Jahr 1867 „..bekamen wir von Herrn Mazal aus Anduze (Gard), Frankreich, eine Sendung mit zahlreichen Bambusarten. Seitdem, fast jedes Jahr, wuchs unsere Sammlung um mehrere Arten oder Sorten, die wir durch Tausch oder Kauf erhielten oder von Partnern bekamen, die unser Vorhaben, den Bambusanbau zu verbreiten, unterstützten.“ 18 Der „wild garden“19, der das Haus umgibt, erstreckt sich über ungefähr 4 ha. Er enthält einem Gemüsegarten von 50 ar, der Rest besteht aus Wäldern, Teichen und frischem Weideland. In der Nähe des Wohnhauses der Familie Houzeau befindet sich ein ziemlich geräumiges Treibhaus, das im Winter 2.000 Töpfe und 500 verschiedene Pflanzen aufnehmen kann. 20 1908 zählt die Bambussammlung von Jean Houzeau 60 Taxa in vier Gattungen eingeteilt: Arundinaria (21 Sorten), Bambusa (9), Dendrocalamus (1) und Phyllostachys (18). Zur gleichen Zeit erfasst er 104 in Europa eingeführte Taxa (verteilt auf 13 Gattungen). 21 Jean beschreibt, dass 40 Sorten mit mehr oder weniger Erfolg im Freien angebaut worden sind.
Treibhäuser, die an der vorderen und der rechten Seite des Schlosses „L’Ermitage“ angebaut worden sind. Die Bambushaine erlauben, dieses Photo zu datie­ren, das von Jean um das Jahr 1905 aufgenommen wurde.

Auf den von Jean Houzeau 1907 in „L’Ermitage“ aufgenommenen Photos können wir die Bambushaine in der unmittelbaren Nähe des Hauses sehen. Es handelt sich insbesondere um Riesenbambusse aus Prafrance, die im April 1905 gepflanzt wurden 22: Phyllostachys Bambusoides (Ballen von 400 kg, Halmhöhe 13,5 m, Halmdurchmesser 7,5 cm), Phyllostachys Mitis (Ballen in 3 Teilen von 1200 kg, Höhe 16,5 m, Durchmesser des dicksten Rohres 10 cm). Die tropischen Bambusse (die Bambusa, 10 damals in die Gattung Arundinaria eingeordnete Sorten und ein Dendrocalamus strictus) werden in das Treibhaus gestellt. Später werden Bambushaine in dem bewaldeten Teil, bei den Teichen und in den Wäldern des landwirtschaftlichen Betriebes gepflanzt. Der Boden des Mont Panisel ist für den Bambusanbau ziemlich gut geeignet: Er besteht aus grünem Sand mit Lehm (hohe Ypern­Formation). Dank der sorgfältigen Anbaukultur, die 20 Jahre lang ständig verbessert wurde, haben sich die Bambusse in „L’Ermitage“ wunderbar entwickelt bis zu dem verhängnisvollen Winter 1916 / 1917. „Dieser war so streng, dass fast alle Bambushaine bis zum Boden zerstört wurden. Der Winter 1917 / 1918 zerstörte viele neue Bambussprossen und auch der Winter 1921 / 1922 war sehr hart für gewisse Arten“. 24 Welche Enttäuschung auch für die Vögel! Während Anfang 1916 „…ein Schwarm von 400 bis 500 Stare in den Bambushainen zum ersten mal übernachtete“, fielen ein Jahr später die Mindesttemperaturen über 13 Tage auf minus 10 Grad Celsius und sogar auf minus 19 Grad Celsius in den letzten drei Nächten. Am 4. Februar 1917 stellte Jean fest, dass die Stare die Bambusse verlassen, wenn sie von zu strenger Kälte beschädigt werden. Von nun an kehrten abends nur kaum ein halbes Dutzend Vögel zum gewohnten Schlafplatz zurück. „Vielleicht sterben sie vor Kälte und Hunger. Nach der großen Freude über die Vogelmengen herrschen in allen Bambushainen Stille und Tod“. 25 „Was die vielfältige Sammlung von tropischen Bambussen betrifft“, gesammelt vor dem Krieg, werden sie – in Folge des Bombardements durch die Commonwealth­Truppen vom 11. November 1918 zur Befreiung der Stadt Mons von vier Jahren deutscher Besatzung – starke Frostschäden erleiden. Am Morgen, kurz bevor um 11 Uhr der Waffenstillstand unterzeichnet wurde, zerspringen durch das Bombardement hunderte Glasscheiben. Acht Tage später sinkt die Temperatur unter Minus 9 Grad. Wie schon gesagt, der Winter 1921­/1922 war sehr hart für gewisse Bambusarten. „Infolgedessen haben nur wenige Bambussorten wieder neue Kraft gewonnen und die Sammlung, die im Freien wächst, präsentiert sich nur mittelmäßig im Vergleich zur Darstellung von 1915.“ 26 Im Frühling 1922 erläutert Jean bei der Führung, die wir schon vorher erwähnt haben, dass auf dem Familienlandgut einige Bambushaine übrig geblieben sind, die trotzt der Schäden ihre Kraft bewahrt haben: Phyllostachys viridiglaucescens, Phyllostachys violascens, Phyllostachys aurea (in voller Blüte – zum ersten mal seit seiner Einführung nach Europa vor 73 Jahren!), Phyllostachys flexuosa, Sasa paniculata f. nebulosa, Fargesia nitida, Phyllostachys Henonis (der von 1904 bis 1906 geblüht hat). Und Phyllostachys edulis, der im April 1906 aus Prafrance mitgebracht wurde, hat 1913 sogar einen 4 m hohen Spross geschoben. Er baut diese Bambussorte als Sehenswürdigkeit an (er nimmt möglicherweise an, dass dieser Riesenbambus in Belgien nicht genug wuchert, um seine Schößlinge als Gemüse zu verzehren, wie es die Chinesen gewohnt sind!) Obwohl die Bambusse bis zu seinem letzten Atemzug im Mittelpunkt seiner Forschungen bleiben werden, ist klar, dass die Experimentierzeit von nun an beendet ist. Er war Pionier der Einführung neuer Arten und er hat zur Verbreitung der Bambusse beigetragen, was er generös fortsetzt. An dem denkwürdigen Tag erklärt er seinen Kollegen, bevor er die Führung mit dem Besuch seiner Sammlung geschliffener Feuersteine beendet, dass „wenn sie Lust haben, die besten Bambussorten anzubauen, sollen sie sich gut merken, dass er ihnen Bambusse anbietet, die er durch Teilung vermehrt hat und die sie sich am besten im Frühling während der Regenzeit holen können.“ 27

Teil 1: Jean Houzeau de Lehaie – Pionier der Einführung des Bambus in Europa ⋅Jaques Chaplain (Autor) ⋅ Monique Chaplain (Übersetzung)

Fußnoten

1) PIERARD, Clovis, Le naturaliste Jean Houzeau de Lehaie et sa famille, Mémoires et publications de la société des arts et des lettres du Hainaut ,74. Band 1960, Seiten 73­146 (die Bibliographie der von Jean H. de L. geschriebenen Studien, fängt Seite 129 an.)

2) Wir haben bis heute den Artikel von Matthieu (Ernest) nicht lesen können. L‘Ermitage von Saint­Barthélemy in Mons, S.103, Annales du cercle archéologique de Mons, Band XXXVIII, 1908­1909.

3) Nach einem Gemälde von G. Hallez in dem Artikel von Clovis Pierard nachgedruckt, ibidem.

4) PIERARD, Clovis, idem, S.79.

5) Jean­Charles Houzeau de Lehaie (1820­1888). Nach einem in dem Artikel von Clovis Pierard nachgedruckten Photo, ibidem.

6) De SMET, Antoine, Voyageurs belges aux Etats Unis du XVIIe siècle à 1900, Bibliothèque Royale de Belgique, Bruxelles, 1959, S. 91­92.

7) PIERARD, Clovis, Id. p. 100

8) HOUZEAU DE LEHAIE, Jean “Ausflug am 13. Juli 1922“ Bulletin der Naturwissenschaftler aus Mons und dem Borinage; 4. Band, Juli­August­September 1922, Seite 76

9) 1910 wird August mit einer Blume in der Hand auf der Titelseite einer Zeitschrift. Der ihm gewidmete Artikel endet: „Monsieur Houzeau de Lehaie bestellt vollkommen seinen Garten auf seinem Landgut Ermitage. Das hält ihn nicht davon ab, ‚Interparlemetaire’, das heißt in der ganzen Welt tätig zu sein“. ‚Warum nicht?’, 1. Jahrgang, Nr. 20, Donnerstag 1. September 1910

10) Facsimile der 2. Ausgabe von ‚Flora Japonica’ von Siebold und Zuccarini auf der Website der Universität von Kyoto: http://ddb.libnet.kulib. kyoto­u.ac.jp/exhibite/b01/b01cont.html

11) Zwischen 1845 und 1884, 23 Ausgaben mit 2000 Holzschnitten, koloriert und von Hand fertig gestellt.

12) LE TEXNIER (Pseudonym von Francois Le Tesnier): Notices sur les Jardiniers célèbres et les Amateurs de Jardins, Paris, 1911

13) Wir behalten die von J.H. de L. benutzten Bezeichnungen bei, cf. Le Bambou, Bulletin périodique, Nr. 9 et 10 – 30. Juni 1908, Kapitel 2 ‚Notice historique’, Seite 230

14) In der Tat hat der Schotte Robert FORTUNE zuvor diese Pflanze eingeführt (entweder zwischen 1843­1845 oder zwischen 1853­1856). In “Yedo and Peking. A Narrative of A Journey to the capitals of Japan and China“, veröffentlicht 1863 in London, erinnert er sich wonnig – pp. 11­12 – seines Besuches in Nagasaki, in den winzigen Gärten „der würdigen Arbeiterklasse“ in denen sich Becken (darinnen sich rote und silberne Fische tummeln) kleinwüchsige Pflanzen zugesellen (unter ihnen ein panaschierter Zwergbambus, den ich aus China nach England eingeführt habe)

15) SCHRÖTER, Carl ‚Le Bambou et son importance comme plante utile’ Zürich, 1885

16) Digitalisiert von der Universität der Wissenschaften, Tokyo, id.

17) ‚Le Bambou’ bulletin périodique, Nr. 9 und 10, 30. Juni 1908. Hier werden folgende Themen behandelt: „Die Einfuhr, die Akklimatisation und die Kultivierung des Bambus im Westen des alten Kontinents und besonders in Belgien“, Kapitel VI – „Das Klima Belgiens“, Seiten 252­253

18) idem, Kapitel VII – „Bericht über unsere Versuche in Belgien“, Seite 253

19) Die Landschaftsgestaltung in ‚L’Ermitage’ zeigt eine auffallende Ähnlichkeit mit den angelsächsischen ‚Wild Garden’ der Jahre 1880 – 1930. Da Jean sicherlich keinen intensiven Gartenanbau betreiben wollte, mischte er Bambusse und frostfeste exotische Pflanzen mit einheimischen Pflanzen und erlaubt, dass landwirtschaftliche und natürliche Flächen sich neben Gartenanlagen harmonisch entwickeln.

20) ‚Le Bambou’, bulletin périodique, Nr. 5 und 8, 15. Dezember 1906, „Die Fragen der Gärtner“, Seite 138

21) ‚Le Bambou’, bulletin périodique, Nr. 4, 15. Juli 1906, „Liste der Bambusaceae, kultiviert in Europa 1906, mit den Synonymen und den Mundartnamen“, Seiten 110­120

22) ‚Le Bambou’, bulletin périodique, Nr. 9 und 10. Die Photos werden wiedergegeben im „Bericht über die Entwicklung des Bambus in Belgien ihr Zustand im April 1908“, Seiten 271­294

23) ‚Le Bambou’, bulletin périodique, Nr. 7 und 8, Juni 1917, Seite 222

24) Houzeau de Lehaie, Jean, „Excursion du 13 Juillet 1922“

25) Auszug aus „Bulletin des Naturalistes de Mons et du Borinage“, Band III – I (1920­1921), erschienen in der Zeitschrift „Bambou“

26) Houzeau de Lehaie, Jean, „Excursion du 13 Juillet 1922“ Seite 76

27) id. S. 77

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