Auf den Gedanken einen Bericht über die Notwendigkeit des Einbaues einer Rhizomsperre bei allen leptomorphen Bambussen zu schreiben, bin ich durch die vielen Anfragen unserer Neumitglieder gekommen. Es gibt immer noch genügend Gartencenter, Baumschulen oder Gartengestalter, die großzügig über ihre Informationspflicht hinweg sehen; sei es aus Unwissenheit oder aus Gutgläubigkeit, dass da schon nichts passiert. Erst bei Info-Veranstaltungen, Messen oder Beratungsgesprächen merken sie, wie brisant das Thema ist. So brisant, dass es schon einige Amtsgerichte beschäftigt. Ich erinnere mich noch an ein älteres Ehepaar. Sie hatten vor vielen Jahren einige Bambusse pflanzen lassen. Niedrige und hohe, natürlich leptomorphe. Jetzt ist der Reihenhausgarten eine einzige Wildnis. Die Terrasse ist nicht mehr nutzbar, der Gartenteich schon seit Jahren trocken. Der öffentliche Fußweg am hinteren Ende des Gartens wird von Jahr zu Jahr immer unebener. Aber nicht nur der eigene Garten, auch die angrenzenden Grundstücke sind schon in Mitleidenschaft gezogen worden…..!
Dies ist mein eigener Erfahrungsbericht aus mehr als 15 Jahren.
Über die Verwendung von Rhizomsperren ist schon viel geschrieben worden. In Pflanzenkatalogen die vor ca.10 Jahren herauskamen stand noch geschrieben, dass man vor dem Ausbreitungsdrang von hohen Bambussen keine allzu große Angst zu haben brauche, man steche alles Überflüssige einfach ab. Anders wäre es bei niedrigen Gattungen. Dort sollte man doch eine Wurzelschutzfolie schräg eingraben, oder den Bambus an einen Weg oder an eine Mauer pflanzen, um ein unkontrolliertes Ausbreiten zu verhindern. Ja es ist wirklich so, die Erfahrungen mit dem Ausbreitungsdrang des Bambus und mit den richtigen Rhizomsperren sind noch nicht älter als maximal 10 bis 15 Jahre. Waren es damals noch Eternitplatten, Wellpolyester, Kantensteine, große Kunststofftöpfe oder Betonrohre die Einhalt gebieten sollten, so weiß man heute: Auf die Dauer war das alles Nichts. Bei vielen Materialien bestand das Problem in der notwendigen undurchdringlichen Verbindung von Anfang und Ende, auch gaben viele Materialien dem Druck der Rhizome nach. Betonrohre, mit einer Höhe von 50 cm, waren für den Anfang sehr gut zu gebrauchen, aber nach Jahren wurden sie unterwandert. Sogar Kunststofftöpfe, wie sie in jeder Baumschule Verwendung fanden, wurden zu eng und platzten. Eine andere Möglichkeit besteht darin, in genügend Abstand um die Pflanze einen Graben von ca. 60 cm Tiefe auszuheben, mit Laub zu füllen und regelmäßig zu überprüfen ob auch kein Rhizom den Graben durchwandert. Man kann auch die Sperre zum Rasen hin offen lassen und alles, was nach außen drängt, abstechen. Sind wir doch mal ehrlich: Wie lange machen wir so etwas bis wir es irgendwann vergessen? Und genau darauf wartet der Bambus.
Es kamen ständig neue und höhere Bambusse auf den Markt, die Gärten wurden aber nicht größer – im Gegenteil. Um nicht auf die wunderschönen dickhalmigen und hohen Bambusse verzichten zu müssen, wurde weiter experimentiert und ausprobiert. Es kam rechtzeitig eine hochverdichtete Polyethylen Folie auf den Markt.
HDPE-Folie ist der Name und die Maße: 70 cm in der Breite und zwischen 1,5 und 2 mm stark. Anfang und Ende der Folie werden mit zwei Aluminium Schienen verschraubt. Nach den „heutigen“ Erfahrungen erfüllt eine solche Sperre ihren Zweck.
Einbau der Sperre
Hat man sich beim Kauf für einen Ausläufer bildenden Bambus entschieden und ist nicht in der glücklichen Lage Eigentümer eines großen Grundstückes zu sein, so sollte der Erwerb einer Rhizomsperre dazu gehören. Die Länge der Rhizomsperre richtet sich zum Einen nach den Wuchseigenschaften des Bambus zum anderen nach der zur Verfügung stehenden Fläche. Als grobe Faustregel gehe ich immer von der zur erwarteten Wuchshöhe der Pflanze aus, sie ergibt den Durchmesser der Pflanzfläche.
Beispiel: Phyllostachys vivax ‘Aureocaulis’, ca. Wuchshöhe 6 – 8m = gleich Durchmesser der Pflanzfläche X 3,14 = lfm Rhizomsperre.
Beim derzeitigen Preis von ca. 6 bis 7 Euro pro Meter ein nicht gerade preisgünstiges Unterfangen. Jedoch bietet es über Jahre hinaus einigermaßen Sicherheit.
Wählen Sie die Pflanzfläche immer etwas größer aus, dadurch minimieren sich die Pflegearbeiten in den nachfolgenden Jahren. Je kleiner die Fläche, desto öfter muss gewässert und gedüngt werden, um ein optimales Wachstum zu erzielen. Auch leidet die Winterhärte bei zu kleinen Flächen, die Erde trocknet zu schnell aus.
Der für die Sperre auszuhebende Graben sollte leicht schräg nach außen angelegt werden, um ankommende Rhizome nach oben abzuleiten. Tiefe des Grabens 65 cm, damit ein kleiner Streifen HDPE-Folie später herausschaut, um ein überwandern zu verhindern. Verbunden werden die beiden Enden mit der Alu-Verschlussschiene. Bitte achten sie darauf, dass die Schraubabstände nicht mehr als 10 cm betragen. Verwenden sie eventuell zusätzliche Schrauben, sonst besteht die Gefahr, dass die Rhizome hindurch wachsen. Auch darf die innere Folie nicht überstehen, denn die Rhizome schieben sich unweigerlich dahinter.
Statt der Verwendung der Alu-Schienen besteht die Möglichkeit, die Folienenden mit einem Fön zu verschweißen oder zu verkleben. Der Graben wird anschließend wieder verfüllt und gut verdichtet damit die Folie sich nicht verschiebt.
Ich selbst verwende 1,5 cm dicke und 80 cm hohe, mit Gewebe verstärkte Förderbänder und praktiziere eine andere Verbindungs-Methode: Die beiden Enden werden ca. 50 cm nach innen geführt und dann verbunden. Der Vorteil dabei ist, dass die an der Rhizomsperre entlang wachsenden Rhizome immer wieder nach innen geleitet werden. Es bildet sich kein Ringelwuchs und ein Entwischen der Rhizome ist nicht möglich. Auch dienen diese 50 cm als Dehnungsreserve bei nicht oder schlecht zu verdichtenden Böden.
Eine andere Möglichkeit ein Entwischen der Rhizome zu vermeiden, ist den verschlossenen Teil über eine Schleife zur Seite zu legen. Das ergibt wiederum eine Dehnungsreserve und dadurch auch geringere Zugkräfte auf die Verschlussschiene bei vollständig durchwurzeltem Erdreich. Die Dehnungsreserve ist meiner Ansicht nach sehr wichtig bei eher kleinen Pflanzstellen, denn irgendwohin geht der Druck der Rhizome immer; denken Sie an die Container in der Baumschule die auch nach Jahren ‘Päng´ machen.
Verschiedentlich gab es schon Meldungen, dass Bambus, oberhalb von Mauern gepflanzt, diese bis zu Tiefen von 1,5 m unterwandert. Bei betonierten und armierten Mauern kann nichts passieren. Bei Trockenmauern hingegen kann dies zu massiven Problemen führen, trotz Rhizomsperre. In meinem Garten ist das geschehen. Hinter der aufgeschichteten Trockenmauer wurde eine Sperre (70 cm) eingebaut, ein Pleioblastus gramineus gepflanzt und nach drei Jahren schaute das erste Rhizom in einer Tiefe von 1,2 m aus der Trockenmauer heraus. Ich führe dies auf die Erwärmung der Mauer und der dahinter liegenden Erde zurück. Dadurch erfolgte ein tieferes Rhizomwachstum als bei normalen Standortverhältnissen; wissen wir doch, dass – bei gleicher Sorte – auf kühlen und schattigen Standorten der Ausbreitungsdrang geringer ist als auf sonnigen warmen Flächen.
Liebe Bambusfreunde, ein jeder muss seine eigenen Erfahrungen mit der Auswahl der richtigen Rhizomsperre machen. Auch beim Handling des Einbaues gehen die Meinungen noch teilweise auseinander.
Resümee:
Um es noch einmal kurz zusammen zu fassen: Leptomorphe Bambusse benötigen in Gärten mit normaler Größe immer eine Rhizomsperre. Die Pflanzfläche nie zu klein wählen, Bambus entwickelt nach 8 bis 10 Jahren ungeahnte Kräfte. Die Rhizomsperre so einbauen, dass sie von allen Seiten überschaubar ist. Die Verschlussstelle in den vorderen Bereich bringen, damit sie jederzeit zu kontrollieren ist.
Denken Sie daran, in jungen Jahren hat niemand ein Problem damit, dicke Rhizome mit Spaten oder Axt abzuschlagen, aber im Alter wird es immer schwerer; dann wollen wir uns an den dicken und hohen Halmen erfreuen.
Vorausgesetzt man besitzt ein großes Grundstück, ist es am Arttypischsten, hohe und dickhalmige Bambusse ohne Rhizomsperre zu pflanzen. Nur so stimmt der ganze Habitus, nur so entsteht eine Harmonie zwischen Halmhöhe und den Abständen der Halme, nur so kommt der einzelne Halm besser zur Geltung. Mit Sperre kann es in manchen Fällen sehr eng werden.
Gerhard Sieber, Bambusjournal 01/2006