Wie kommt der Bambus gut über den Winter? (Dr. Steffen Greiner)

Winterhärte von Bambus: Warum Sonne im Winter nicht gut tut.

Es gibt verschiedene Faktoren, die dem Bambus im Winter zu schaffen machen, am häufigsten genannt wird Trockenstress . Es ist einleuchtend, dass immergrüne Pflanzen auch im Winter auf Wasseraufnahme aus dem Boden und dessen Verteilung innerhalb der Pflanze angewiesen sind, weil über die Blätter auch bei niedrigen Temperaturen Wasser verdunstet wird. Ist der Wassernachschub dauerhaft, aufgrund tief gefrorenen Bodens, unterbrochen vertrocknet die Pflanze. In der Pflanze selbst gibt es aber spezielle Mechanismen, die auch bei Frost den Pflanzensaft in den Kapillaren flüssig halten. Der Austrocknungseffekt wird verstärkt durch Kübelhaltung (weniger Wasservorrat, friert leicht komplett durch) sowie durch Wind und Sonnenschein (verstärkte Verdunstung).

Besonders schön ist immergrüner Bambus im Winter, guter Schutz kann helfen diese Pracht zu erhalten. Foto: Ute Außem

Trockenheit ist aber nicht der einzige negative Effekt von zuviel Sonne bei niedrigen Temperaturen. Hohe Lichtintensitäten führen in grünem Pflanzengewebe immer auch zur Bildung reaktiver Sauerstoffspezies. Diese werden normalerweise rasch enzymatisch entgiftet, so dass es nicht zu Zellschäden kommt. Bei frostigen Temperaturen sind aber die entgiftenden Enzyme nur wenig oder gar nicht aktiv, so kann es bei starker Sonneneinstrahlung im Winter zu massiven Zellschäden durch oxidativen Stress kommen. Typisch hierfür sind beispielsweise Schäden nur auf der Sonnenseite eines Bestandes, oder wenn Schäden erst einige Tage nach der Kälte auftreten, weil der Zelltod erst später durch das sekundäre Austrocknen der geschädigten Areale sichtbar wird.

Durch die beschriebenen Einflüsse kann es also zu Schäden bis hin zum Absterben von Pflanzen(teilen) kommen bevor die absolut tiefste tolerierbare Temperatur für eine Art erreicht ist. Diese Minimaltemperatur ist die Temperatur bei der sich selbst in adaptieren Pflanzen Eiskristalle innerhalb der Zellen bilden und die Zellmembran zerstört wird. Diese Schäden sind nicht reparabel und führen unweigerlich zum Absterben der Pflanzenteile. Da die Rhizome bei ausgepflanzten Bambussen keine so tiefen Temperaturen erfahren, können sich die Pflanzen in der Regel aus diesen regenerieren. Die Minimaltemperatur, die eine Art aushält, lässt sich im Gegensatz zu den anderen Faktoren recht gut experimentell bestimmen [1, 2]. Diese „objektiven“ Härteangaben bedeuten aber nicht, dass der Bambus nicht schon bei viel höheren Temperaturen Schaden nehmen kann wenn andere Parameter ungünstig sind (s.o.). Was bisher unberücksichtigt blieb ist das Phänomen der Adaptation, also der Anpassung einer Pflanze an bestimmte Bedingungen. Alle winterharten Pflanzen vertragen nicht zu jeder Jahreszeit gleich viel Kälte. Ein Laubbaum der im Winter unbelaubt -30°C verträgt würde beispielsweise im Juni bei wenigen Minusgraden komplett absterben. In der Regel nimmt die Kältetoleranz im Herbst langsam zu und ist im Frühwinter am höchsten. Gegen Ende des Winters und im zeitigen Frühjahr nimmt die Frosttoleranz in Vorbereitung des Austriebs wieder ab. Dies hat zur Folge, dass eine bestimmte Minustemperatur im Hochwinter möglicherweise problemlos vertragen wird während die gleiche Temperatur im März zu erheblichen Frostschäden führen kann.

Foto: Daniel Kunz

Maßnahmen um Bambus vor Winterschäden zu schützen

Was sind nun geeignete Schutzmaßnahmen für Bambuspflanzen im Winter? Das Wichtigste ist sicherlich die geeigneten Arten für die jeweilige Klimazone auszusuchen. Während z.B. Chusquea gigantea im Rheinland die meisten Winter unbeschadet überstehen wird und somit durchaus im Freiland kultivierbar ist, hat dieselbe Art in Süd- oder Ostdeutschland kaum eine Chance, sie wird beinahe in jedem Winter oberirdischen Totalschaden erleiden und letztendlich eingehen.

Aber auch wenn man von groben Auswahlfehlern absieht, profitiert doch jede Art ab einer bestimmten Temperatur von gewissen Schutzmaßnahmen.
Das Aufbringen einer Mulchschicht im Herbst bringt eine Reihe von Vorteilen. Die Mulchschicht isoliert den Boden und verhindert so Wärmeverluste. In geringem Umfang erzeugt der Mulch beim Verrotten sogar Wärme und liefert im Frühjahr zusätzlich Nährstoffe. Auch das Austrocknen des Bodens wird verzögert. Die Gefahr, dass die Rhizome bei Frost Schaden erleiden, wird so minimiert. Außerdem ist die Wasseraufnahme aus dem nicht gefrorenen Boden unter dem Mulch gewährleistet. Ein möglicher Nachteil ist, dass sich Nagetiere unter der Mulchschicht im Winter recht wohl fühlen.
Kleinere oder noch nicht etablierte Pflanzen können im Winter mit Winterschutzvlies geschützt werden. Die Haupteffekte sind eine Reduktion der Verdunstung und der Sonnenstrahlung, dadurch werden Trockenschäden und die Schäden durch oxidativen Stress reduziert wodurch die Pflanzen im Frühjahr oft entscheidend besser aussehen. Beim Erreichen der tolerierbaren Minimaltemperatur dagegen helfen Vliese nicht viel, da sie kaum eine Isolation bieten, lediglich die Abstrahlungskälte kann geringfügig reduziert werden.

Auch das Mikroklima innerhalb eines Gartens kann eine entscheidende Rolle spielen, insofern ist die Wahl des Standortes sehr wichtig. Da zu viel Sonne im Winter schädlich ist, kann ein bei tief stehender Sonne schattiger Standort von Nutzen sein. Ein solcher Standort bietet auch den Vorteil, dass die Pflanze im Frühjahr nicht zu früh austreibt, was eine frühzeitige Abnahme der Kältetoleranz zur Folge hätte. Kalte Luft ist schwer und sammelt sich in klaren, windarmen Winternächten in Senken, daher sollten empfindliche Arten nicht in solche „Kaltluftlöcher“ gepflanzt werden. Gerade bei extrem niedrigen Temperaturen ist es in der Nähe von Häusern deutlich wärmer, auch diese Tatsache kann man sich leicht zu Nutze machen.

Phyllostachys aurea ist einer der weniger winterharten Bambusse, aber die Schneedecke wirkt wie eine Mulchschicht und schützt zumindest die Rhizome vor tiefen Temperaturen. Foto: Daniel Kunz

Die Kübelhaltung von Bambussen bringt gerade im Winter einige Probleme mit sich. Kübelpflanzen müssen oft auch im Winter gegossen werden, weil das Regenwasser nicht ausreicht um das Substrat feucht zu halten. Außerdem steht den Pflanzen nur ein eingeschränkter Wurzelraum zur Verfügung, um die Wasserversorgung zu gewährleisten. Das mit Abstand größte Problem ist aber, dass Kübel leicht durchfrieren können, was zumindest nach einiger Zeit oft das Ende des Bambus ist. Natürlich kann man Kübel auch isolieren (Luftpolsterfolie, Styrodur, Kokosmatten usw.), da aber der Wärmenachschub aus dem Boden fehlt, sind diese Maßnamen bei langen Frostperioden meist nicht ausreichend. Stehen die Kübel noch dazu auf einer Terrasse oder einem Balkon kann sogar über den Topfboden Wärme entzogen werden, hier sollte man die Pflanzgefäße auch nach unten isolieren. Wer die Möglichkeit hat, sollte die Kübel im Winter im Garten eingraben, um das Durchfrieren zu verhindern. Noch besser ist es, die Kübel in einem Kalthaus zu überwintern.

Oft wird auch angegeben, dass die Düngung Einfluss auf die Winterhärte des Bambus hat. So wird geraten, Bambus nach Juli/August nicht mehr zu düngen, um das Ausreifen der Halme zu fördern. Wissenschaftliche Studien konnten allerdings keinen negativen Effekt später Düngung feststellen. Lediglich stark stickstoffbetonte Düngung hat durch die Verlängerung der Wachstumsperiode einen leicht negativen Effekt, während ausgewogene oder kaliumbetonte Düngung einen positiven Effekt auf den Austrieb im Folgejahr zu haben scheint. An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass klassische NPK-Dünger i.d.R. deutlich zuviel Phosphat und zuwenig Kalium haben. Gemessen an den Gehalten dieser Nährstoffe im Bambus sollte das Verhältnis N:P:K etwa 7:1:7 betragen [3].

Ebenso kontrovers wird die Strategie diskutiert während Frostperioden zu gießen. Während die Befürworter argumentieren man könne den Bambus so vor dem Vertrocknen bewahren, sagen die Gegner, dass so nur viel Eis im Wurzelbereich produziert wird, welches nach der Frostperiode lange zum Auftauen braucht und so dann sogar die Wasseraufnahme behindert. Wenn man bei Frost gießt ist dies daher sicher am sinnvollsten, wenn man den Boden dadurch auch tatsächlich eine Zeit lang offen halten kann.

Frischer Schnee im Bambushain, leider werden über Schneedecke in klaren Nächten auch die tiefsten Temperaturen erreicht. Foto: Daniel Kunz

Literatur:

1. Cai, W. and J. Zhang, Cold-resistant bamboo species in Beijing Botanic garden. Journal of Bamboo Research, 1989. 8(2) : p. 66-71.
2. Qiu, F. and M. N., Selection of Cold Resistent Economic Bamboo Specific in China. J. Amer. Bamboo Soc., 1992. Vol. 9 (No. 1&2): p. 8-16.
3. Kleinhenz, V. and D.J. Midmore, Aspects of Bamboo Agronomy. Advances in Agronomy, 2001. 74: p. 99-145.

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