Fargesia denudata T.P.Yi, Bambus des Jahres 2015

Dr. Steffen Greiner

Mit Fargesia denudata wurde von den Mitgliedern der EBS-D ein gut wintergrüner, horstig wachsender Bambus zum Bambus des Jahres gewählt, dem aufgrund seiner positiven Eigenschaften sicher ein größerer Bekanntheitsgrad zustehen würde.

Fargesia denudata kommt im südlichen Gansu und nördlichen Sichuan, China, auf 1900 bis 3200 m vor [1]. In den Herkunftsgebieten wächst Fargesia denudata als Unterholz in subalpinen Tannen- (Abies faxoniana) und Fichten- (Picea purpurea) Wäldern mit deutlich geringerem Anteil an Laubbäumen (Sorbus, Prunus, Betula, Acer) [2]. Ein gut charakterisierter Standort ist der „Wang Lang Natural Reserve“ im Min Shan Gebirge (etwa 31°N, 103°E), dort sind auf 2900 m Höhe die Böden der Koniferenwälder sauer (pH 3,9) und der jährliche Niederschlag von etwa 1100 mm fällt überwiegend im Sommerhalbjahr. Bemerkenswert ist, dass die Jahresdurchschnittstemperatur nur bei 2,3°C liegt (zum Vergleich: Frankfurt/Main 10,1°C) mit einer durchschnittlichen Temperatur im August von 12,1°C und im Januar von -7,2°C [2]. Diese Daten lassen schon viel über die zu erwartende Winterhärte von Fargesia denudata, aber auch über ihre sonstigen Bedürfnisse, erahnen. Nach den Erfahrungen in Europa bisher kann man vorsichtig von einer Winterhärte von etwas unter -20°C ausgehen, allerdings gibt es Berichte aus Nordamerika nach denen die Pflanzen im dortigen Klima weniger winterhart zu sein scheinen als erwartet.

Fargesia denudata ist wie alle Fargesien monocarp und blüht vermutlich alle 60-110 Jahre, um anschließend abzusterben. Die Population baut sich dann über Sämlinge langsam neu auf. Die Regeneration des kompletten Bestandes wird je nach Standort mit 16-19 Jahren angenommen. Hier scheinen am Naturstandort sonnige Standorte einen Vorteil gegenüber schattigen Standorten zu haben [3]. Im „Wang Lang Natural Reserve“ hat Fargesia denudata im Jahr 1976 auf 80-90% der Fläche geblüht [2, 4], was zum Tod mehrerer 100 Großer Pandas (Ailuropoda melanoleuca) führte, denen Fargesia denudata als wichtige Nahrungsquelle dient [4]. Die Blüte dauerte in verschiedenen Populationen bis in die 80er Jahre an, so dass in den nächsten 20-30 Jahren wohl nicht mit einer Blüte zu rechnen ist.

Abbildung 1: Junger Horst von Fargesia denudata. Foto Steffen Greiner

Fargesia denudata wurde als eigene Art erst 1985 von Tong Pei Yi beschrieben [5]. Später stellte der französische Botaniker J.P. Demoly Fargesia denudata zur Gattung Thamnocalamus. Folglich wäre der neue Name (Basionym) der Pflanze Thamnocalamus denudatus [6]. Dieser Gattungswechsel wurde aber nicht allgemein anerkannt und hat sich auch nicht durchgesetzt.

Erstmals gelangten Sämlinge 1986 durch Roy Lancaster nach Europa (Lancaster 1 und 2). Etwa 10 Jahre später wurden weitere Klone durch Jos van der Palen eingeführt (Xian 1 und 2). Die verschiedenen Klone sind für den Nichtfachmann relativ ähnlich und deren Unterscheidungsmerkmale sollen hier nicht näher behandelt werden.

Abbildung 2: Die kurzen Seitenzweige sind typisch für Fargesia denudata. Foto Steffen Greiner

Die Pflanze wächst horstig, aber durch die Länge der Rhizomhälse von 4-13 cm mit lockerem Halmabstand. Der Habitus ist kaskadenartig überhängend, die neuen Halme stehen nur im ersten Jahr straff aufrecht. Typisch sind dabei die relativ kurzen Seitenzweige (Abbildung 2). Nach der Artbeschreibung werden 3-5 m Höhe erreicht bei einer Halmstärke bis 1,3 cm. Neue Halme sind olivgrün, ältere Halme zunehmend, v.a. in der Sonne, satt gelb. Die Länge der Internodien beträgt 10-15 cm. Die Halmscheiden sind blass-gelb und etwa 2/3 so lang wie die Internodien, sie haften relativ lange an und haben glänzende Innenseiten (Abbildung 3). Die Blätter sind hellgrün und 5-6 selten bis 8 cm (z.B. bei Xian 1) lang und etwa 1 cm breit und dabei in typischer Weise gewellt (Abbildung 4). Dieses Merkmal ist aber bei den verschiedenen Klonen von Fargesia denudata unterschiedlich stark ausgeprägt (Xian 1 hat keine gewellten Blätter). Die Neigung zu dauerhaftem Blattrollen im Winter ist im Vergleich zu anderen Fargesien v.a. aus der Nitida-Gruppe deutlich reduziert. Am Naturstandort wächst Fargesia denudata an sonnigen Standorten zwar besser als im Schatten, in Mitteleuropa kann aber wegen der vergleichsweise hohen Sommertemperaturen ein halbschattiger oder gar schattiger Standort deutliche Vorteile haben. Die Pflanze eignet sich wegen des gefälligen Habitus gut als Solitär, aber auch als Hecke. Hier kann wegen des überhängenden Wuchses regelmäßiger Schnitt nötig sein.

Abbildung 3: Im August verlieren die neuen Halme ihre innen glänzenden Halmscheiden. Foto Steffen Greiner
Abbildung 4: Charakteristisch gewellte Blätter, Steffen Greiner
Abbildung 5: Ansprechender Kontrast zwischen jungen und älteren Halmen. Foto Jürgen Schmitz

Literatur:

  1. Zhengyi, W., P.H. Raven, and H. Deyuan(editors), Flora of China. 2006. 22(Poaceae).
  2. Taylor, A.H., et al., Regeneration patterns and tree species coexistence in old-growth Abies–Picea forests in southwestern China. Forest Ecology and Management, 2006. 223: p. 303-317.
  3. Huang, H., Preliminary Study on Natural Regeneration of Fargesia denudata. Journal of Bamboo Research, 1994. 2.
  4. Shi, X.-y. and G.-h. Song, A Mathematical Model with Pulse Effect for Three Populations of the Giant Panda and Two Kinds of Bamboo. The Scientific World Journal, 2013. 2013.
  5. Yi, T.P., Fargesia denudata. Journal of Bamboo Research, 1985. 4(1): p. 20.
  6. Demoly, J.-P., Thamnocalamus denudatus (T.P.Yi). Bambou, 1995. 21(15).

Die Seite der EBS-D