Bambusreise nach Ungarn im Mai 2007
Montagmorgende haben nicht den besten Ruf: Das Wochenende ist vorbei und der Arbeitsalltag hat uns wieder, die Stimmung ist bei vielen etwas getrübt. Das war am Montagmorgen, dem 21.05.2007 sicher wieder für viele Menschen so. Nicht aber für uns! Mit uns ist natürlich die Reisegruppe der Bambusgesellschaft gemeint, die sich um 5.30 Uhr in Alzenau um den Stewa-Reisebus versammelte und nach kurzen, herzlichen Begrüßungen ein wenig müde und gleichzeitig freudig erregt den Bus bestieg. Jörg Meyer, unser souveräner Fahrer, den wir ja schon bei vorherigen Reisen kennen und schätzen gelernt haben sowie Renate Reinhardt, die für unser Wohlergehen zuständig ist, sind unser bewährtes Bus-Team.
Erste Station, die die Herzen der „Gründaumen“ höher schlagen lässt, ist die Gärtnerei Sarastro (benannt nach einem Geist in der Oper „Die Zauberflöte von Mozart), des Gartenbautechnikers Christian H. Kreß im Innkreis, wo wir gegen Mittag eintreffen. Die Mittagspause steht an, aber für nette Gäste, wie wir es sind, wird natürlich eine Ausnahme gemacht. Herr Kreß führt uns herum und wir bestaunen die kreativen Einfälle, die in diesem Verkaufsgarten mit seinen verschiedenen Schaugärten verwirklicht wurden. Wunderschöne botanische Raritäten, insbesondere viele Saxifraga- und Sedum-Arten, die wie zufällig ihre Plätze zwischen Mauern, in Schalen und sogar auf Gartenstühlen finden. Mir persönlich gefiel besonders Sedum rupestre ‘Stormy Angelina’ die durch ihr strahlendes Gelborange ein toller Blickfang darstellt. Einfach schön! Was man in diesem Betrieb nicht findet, sind Selbstbedienungstische mit den üblichen, von A-Z aufgereihten Gartencenterpflanzen. Dagegen findet man Pflanzen in Hülle und Fülle; etwa 2.500 Arten und Sorten, unter anderem winterharte Blütenstauden und Neueinführungen, präsentiert in attraktiven Pflanzgestaltungen. Mein Fazit: Einfach gelungen! Dass meine Einschätzung von den meisten unserer Gruppe geteilt wird, zeigt sich in den regen Pflanzenkäufen, die am Ende unseres Besuchs getätigt werden. Alles erworbene Grün wird in dem für diesen Zweck am Bus befestigten Skiträger verstaut. Kann mir irgendwer erklären, warum diese hübsche große Pflanzentransportbox eigentlich „Skiträger“ heißt?
Am Mittwoch, unserem dritten Reisetag, fahren wir nach dem Frühstück am Südufer des Balaton entlang zur Baumschule in Balatonvilágos-Alsótekeres. Frau Borka nutzt die Zeit der Fahrt, um uns wieder einiges über Land und Leute zu berichten: „Keszethely heißt soviel wie Südspitze; die Übersetzung für Heviz ist heißes Wasser – dort gibt es heißen Thermalsee; die Urheimat der Ungarn ist das Uralgebirge, erst später wanderten sie nach Südwesten; die Hunnen waren zuerst hier und erst im 9. Jahrhundert kamen die Ungarn; so entstand der Name Hungaren …“. Gebannt hören wir ihrer angenehmen Stimme zu und die Fahrt ist schnell vorüber.
In der Baumschule angekommen, wird uns im Schatten einer Linde viel Interessantes berichtet. Wir erfahren, dass die Bewässerung mit Balatonwasser erfolgt. Es wird durch ein Rohrsystem transportiert und in Becken gesammelt. Die Baumschule ist auf Sorbusarten spezialisiert. Die kleine Geschichte, wie es sich ergeben hat, dass diese Baumschule auf Eschen spezialisiert ist, möchte ich hier noch erzählen: Eines Tages fand der Inhaber der Baumschule bei einem Spaziergang im Wald ein schönes Blatt. Er fragte einen ihm bekannten Botaniker, was dies für ein Blatt sei. Dieser sagte ihm, dass es sich um ein Sorbusblatt handeln würde, er wüsste aber nicht um welches. Er empfahl dem Inhaber der Baumschule sich damit zu beschäftigen. Nun, das hat er getan. Diese Empfehlung bekam er vor 20 Jahren und mittlerweile ist er Experte auf diesem Gebiet.
Im Anschluss an die zahlreichen Erklärungen gibt es Erfrischungen und danach eine urige Fahrt im Pritschenwagen in die Quartiere. Viele Reiseteilnehmer zieht es aber sofort zum Pflanzenkauf und einige Schnäppchen finden ihren Weg in den Skiträger.
Nun aber weiter Richtung Budapest. Auf halber Strecke sehen wir uns noch das 200 Jahre alte Arboretum in Alcsút an. Hier plagen uns Stechmücken und Zecken, aber wir folgen Herrn Direktor Boros mutig über verschlungene Wege. Assoziationen mit einem Märchenwald sind unvermeidbar. Dichte Bewaldung wechselt mit lichten Stellen und mittendrin Wasser, über das romantische Holzbrücken führen.
Zwei Stunden später fahren wir weiter und erreichen gegen Abend Budapest. Weil die Zeit am nächsten Tag doch recht knapp werden könnte, entscheidet unsere kompetente Reiseleiterin noch die Zitadelle zu besuchen, bevor der Bus das Hotel Flamenco anfährt. Diese Entscheidung erweist sich als goldrichtig. Es ist einfach wunderschön einen ersten Eindruck der Stadt aus dieser hochgelegenen Perspektive zu bekommen. Wir haben das Glück, dass zu dieser abendlichen Stunde der Andrang nicht so groß ist und wir so bequem und ohne Gedränge schauen und staunen können.
Fünfter und vorletzter Tag: Abfahrt ist gleich nach dem Frühstück um 8.30 Uhr Richtung Botanischer Garten Vacratot, etwa 30 km von Budapest entfernt. Hier sind 12.000 Pflanzen in vier Sammlungen untergebracht. Der Garten der Ungarischen Akademie der Wissenschaften ist vielseitig. Ein Vertreter von Herrn Direkter Dr. Kosa führte uns gezielt zu allen Bambussen. Allerdings sind die nicht sein Spezialgebiet und so helfen wir uns gegenseitig.
Jetzt ist noch Gelegenheit den Garten auf eigene Faust zu erkunden. Dabei kann man die Seele baumeln und sich von verschiedenen Pflanzungen inspirieren lassen. Ein Lageplan für die Tasche wäre meiner Meinung nach ein guter Verbesserungsvorschlag für diesen Botanischen Garten. Bestimmte Pflanzen oder Themengärten ließen sich dann besser finden. Auch die Beschilderung bei den Pflanzen ist etwas mager. Trotzdem alles in allem ein schöner, gelungener Garten. Mir, dem Laiengärtner, hat er jedenfalls sehr gut gefallen. Kaufgelegenheit gibt es keine, was einige Jäger und Sammler, die darauf gehofft hatten, traurig stimmt.
Unser Gastgeschenk an den Botanischen Garten war eine Qiongzhuea macrophylla ssp. Intermedia von Wolfgang Riede. Die Mutterpflanze stammt von Albrecht Weiss.
Den Reiseabschluss bildet ein kleines, spontan ergänztes Highlight: eine Flussfahrt auf der „schönen blauen Donau“. Budapest im abendlichen Sonnenuntergang. Ich bin mir sicher, es gibt keinen der 39 Teilnehmer, der nicht genauso entzückt war wie ich von diesem besonderen Eindruck an unserem letzten Abend. Ein wenig Wehmut macht sich da schon breit, aber die nächste Bambusfahrt kommt bestimmt.
Was unbedingt gesagt werden muss: DANKE Wolfgang Riede für eine so angenehm zusammengestellte Reise! DANKE an Edeltraud Weber, die im Vorfeld viel Administratives zum Gelingen der Bambusreise geleistet hat. Schade, dass sie und ihr Mann diesmal nicht mitfahren konnten. Danke an alle weiteren hilfreichen Geister und an die Reiseteilnehmer für den harmonischen Ablauf der Reise.
Auszug aus dem Reisebericht von Christel Schmack, Bambusjournal 2/2007, zu bestellen bei der EBS-D Geschäftsstelle